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Die größten Irrtümer beim Thema Arbeitszeiten: Was Sie wirklich wissen müssen

Das Thema Arbeitszeit ist komplex und birgt viele Fallstricke. Missverständnisse können nicht nur zu Unzufriedenheit bei Arbeitnehmern führen, sondern auch teure rechtliche Konsequenzen für Arbeitgeber nach sich ziehen. In diesem Blogbeitrag decken wir die 5 größten Irrtümer rund um das Thema Arbeitszeit auf und beleuchten die gesetzlichen Grundlagen sowie die relevanten Quellen.

Irrtum 1: "Überstunden müssen immer bezahlt werden."

Realität: Nicht jede Überstunde muss zwangsläufig finanziell vergütet werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass eine Vergütung von Überstunden nur dann verpflichtend ist, wenn sie entweder vertraglich vereinbart, betrieblich üblich oder gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschrieben ist. In vielen Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen ist beispielsweise ein Freizeitausgleich für Überstunden vorgesehen.

Hinzu kommt, dass es eine Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzgesetzes und eine Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne gibt. Nicht für jede Tätigkeit, die Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetztes ist, wird Vergütung geschuldet.

Gesetzliche Grundlagen:

  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Das ArbZG regelt die zulässige Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten. Es schreibt jedoch keine explizite Vergütung von Überstunden vor.
  • 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Vergütung von Diensten. Bei Überstunden kann die „übliche Vergütung“ eine Rolle spielen, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wurde.
  • Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen: Diese können detaillierte Regelungen zur Überstundenvergütung oder zum Freizeitausgleich enthalten.

Irrtum 2: "Die maximale tägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden."

Realität: Die reguläre tägliche Arbeitszeit beträgt zwar in der Regel 8 Stunden, das Arbeitszeitgesetz erlaubt jedoch unter bestimmten Umständen eine Ausweitung auf bis zu 10 Stunden täglich. Diese Verlängerung darf allerdings innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden täglich nicht überschreiten.

Gesetzliche Grundlagen:

  • 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG): „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu 10 Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“

Irrtum 3: "Pausen gehören zur Arbeitszeit und werden bezahlt."

Realität: Pausen dienen der Erholung und sind keine Arbeitszeit. Sie werden grundsätzlich nicht bezahlt. Das Arbeitszeitgesetz schreibt jedoch Mindestpausen vor, die eingehalten werden müssen. Nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei Rufbereitschaft, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Pause zur Arbeitsleistung herangezogen wird, kann eine Vergütungspflicht entstehen.

Gesetzliche Grundlagen:

  • 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG): „Spätestens nach sechs Stunden Arbeitszeit ist die Arbeit durch eine im Voraus feststehende Ruhepause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. Die Gesamtdauer der Ruhepausen muss bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden 45 Minuten betragen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.“

Irrtum 4: "Arbeit im Homeoffice unterliegt keinen Arbeitszeitregelungen."

Realität: Auch im Homeoffice gelten die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes uneingeschränkt. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Einhaltung der Arbeitszeiten, Pausen- und Ruhezeiten zu gewährleisten und die Arbeitszeiterfassung zu organisieren. Das Argument, dass der Arbeitnehmer seine Zeit im Homeoffice selbst einteilen kann, entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Fürsorgepflicht und der Einhaltung des ArbZG.

Gesetzliche Grundlagen:

  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Arbeitsort.
  • 3 Abs. 2 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz): Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Dazu gehört auch die Beachtung der Arbeitszeitregelungen im Homeoffice.

Irrtum 5: "Die Aufzeichnung der Arbeitszeit ist nicht zwingend vorgeschrieben."

Realität: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2022 entschieden, dass Arbeitgeber zur systematischen Erfassung der Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer verpflichtet sind. Dieses Urteil basiert auf einer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) in Verbindung mit Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Das bedeutet, dass Arbeitsbeginn, Arbeitsende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit erfasst werden müssen.

Gesetzliche Grundlagen:

  • 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): „Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.“3 Das BAG hat hieraus eine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung abgeleitet.
  • Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union: Regelt das Recht eines jeden Arbeitnehmers auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen, wozu auch die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen gehört.
  • Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019, Az. C-55/18 (Stechuhr-Urteil): Dieses Urteil hat die Mitgliedstaaten der EU dazu verpflichtet, Arbeitgeber zur Einführung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Arbeitszeiterfassung zu verpflichten.

Fazit:

Das Thema Arbeitszeit ist komplex und dynamisch. Um rechtliche Probleme zu vermeiden und ein faires Arbeitsumfeld zu schaffen, ist es unerlässlich, sich mit den gesetzlichen Grundlagen vertraut zu machen. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich immer, rechtlichen Rat einzuholen oder sich an eine Fachorganisation zu wenden. Nur so können Missverständnisse ausgeräumt und Compliance gewährleistet werden.

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